Wider das Ehrenamt!
Eine Polemik
Anruf bei einem freien (sprich selbstständigen) Journalisten: Ober er einen Artikel schreiben könne, über eine Person des öffentlichen Lebens, ca. 10 Seiten, 5 Fotos….
„Ich schreibe nur für Geld“ so die vorsichtige Antwort des Schreiberlings. „Bei uns wird alles ehrenamtlich gemacht, sogar das Jahrbuch“ kommt der Konter des Gesprächspartners, der als ehemaliger Beamter eine nennenswerte Pension sein eigen nennt. „Aber es gibt eine Aufwandentschädigung“. Der Journalist überlegt: Kein Auftrag heisst auch keine Einnahmen. Die Zeiten sind mau, längst sind seine monatlichen Verdienste unter den Satz von Hartz IV gesunken. Jeden Monat aufs Neue heisst es Bangen, ob die Miete und der Strom bezahlt werden können. Klar versucht er zu verhandeln, das Angebot der Ehrenmenschen mit Amt lautete auf 200 Euro für 10 Seiten Text mit fünf Fotos. Und der Aufwand? Zwei Gesprächstermine a eineinhalb Stunden plus jeweils eine Stunde Vorbereitung, zehn Stunden Recherche, zwei Fototermine mit insgesamt fünf Stunden, Bildbearbeitung von ca. 60 Fotos zur Auswahl, pro Bild vorsichtig geschätzte 30 Minuten. Sind rund 50 Stunden. Geht auch schneller, aber nicht besser. Der Artikel ist dabei noch nicht geschrieben, die Bänder abtippen lassen kostet auch schon fast einen dreistelligen Betrag.
Ja, 200 Euro sind viel Geld. Fast die halbe Monatsmiete, wenn man den Strom und die anderen Fixkosten einrechnet eher ein Drittel. Wie die Kamera und die Computer bezahlt wurden, dürfte hier ja egal sein? Und womit man die Versicherungen und anderen Kosten leistet, die ein selbständig arbeitender Mensch von seinem Staat aufgebrummt bekommt wohl auch? Die Ehrenämtler sind der vollen Überzeugung, dass das was sie leisten mit ihrem Jahrbuch, ihrem Verein und ihren vielen hundert Stunden unentgeltlicher Arbeit eine Bereichung für die Menschheit ist. Ist es auch, auch ich blättere gerne in ihren Büchern. Doch da, wo diese Menschen, die fast alle einen besonders gesicherten finanziellen Hintergrund haben, andere beauftragen (oder muss man hier schon erpressen sagen? Nein so böse Begriffe gibt es in der heilen Welt der sozial tätigen nicht) für sie zu arbeiten, stimmt das Konzept nicht. Natürlich zahlt dieser Verein an (akademische) Vortragsredner bei Veranstaltungen die üblichen Honorare. Diese Menschen haben den Vorzug bei ihnen nicht Mitglied zu sein, einen festen Arbeitsplatz zu haben und überhaupt nicht erpressbar zu sein. Entweder es wird anständig gezahlt oder der Herr Doktor bleibt zu Hause.
Unser Journalist hat keine Auswahl. Er muss annehmen, egal wie viel Arbeit er für unter drei Euro die Stunde zu leisten hat. Da sein Name unter dem Artikel stehen wird, kann er sich auch nicht mit oberflächlicher und schlampiger Arbeit aus der Affäre ziehen. „Scheiss Kapitalismus!“? Neinja! Die sogen. „soziale“ Marktwirtschaft funktioniert mit dem Bild einer Vollbeschäftigung, in der gut versorgte Bürger in ihrer Freizeit sinnvolles für das Gemeinwohl leisten können und sollen. Leider haben sich die Zeiten geändert. Das Heer der Arbeitslosen, die mit Garantie nie wieder einen Job finden werden, ist Legion. Hartz IV Empfänger sind besser versklavt durch Bürokratie und Amputation ihrer Würde als die lebendige Ware auf antiken Märkten. Damals wie heute ist diese Unterdrückung und Ausbeutung streng im Rahmen des Gesetzes. Aber diejenigen die solche Gesetze machen singen das hohe Lied des Ehrenamtes: Sie sind nicht betroffen und werden es nie sein. Betroffen sind Kleinunternehmer und Angestellte, die auch wenn sie heute noch einen Job ihr Eigen nennen, morgen vielleicht schon die Seiten wechseln müssen. Und dann erst mal gezwungen werden ihre Ersparnisse, die sie für die Ausbildung der Kinder sich abgerungen haben, aufzufressen. Dann sind diese sogar froh, für drei Euro die Stunde arbeiten zu dürfen. Natürlich findet das bürgerliche, durch beamtung gesicherte Mittelfeld ihre Welt in Ordnung. Sie haben ja diese Politiker auch gewählt, werden es wieder tun und sind mit sich, ihrem Ehrenamt (für das vielleicht sogar mal einen Orden gibt!) vollkommen zufrieden. Das ist eine Ehre. Ist es auch eine Ehre für den (un)genannten Verein hungern zu dürfen?(fst)
Eine Polemik
Anruf bei einem freien (sprich selbstständigen) Journalisten: Ober er einen Artikel schreiben könne, über eine Person des öffentlichen Lebens, ca. 10 Seiten, 5 Fotos….
„Ich schreibe nur für Geld“ so die vorsichtige Antwort des Schreiberlings. „Bei uns wird alles ehrenamtlich gemacht, sogar das Jahrbuch“ kommt der Konter des Gesprächspartners, der als ehemaliger Beamter eine nennenswerte Pension sein eigen nennt. „Aber es gibt eine Aufwandentschädigung“. Der Journalist überlegt: Kein Auftrag heisst auch keine Einnahmen. Die Zeiten sind mau, längst sind seine monatlichen Verdienste unter den Satz von Hartz IV gesunken. Jeden Monat aufs Neue heisst es Bangen, ob die Miete und der Strom bezahlt werden können. Klar versucht er zu verhandeln, das Angebot der Ehrenmenschen mit Amt lautete auf 200 Euro für 10 Seiten Text mit fünf Fotos. Und der Aufwand? Zwei Gesprächstermine a eineinhalb Stunden plus jeweils eine Stunde Vorbereitung, zehn Stunden Recherche, zwei Fototermine mit insgesamt fünf Stunden, Bildbearbeitung von ca. 60 Fotos zur Auswahl, pro Bild vorsichtig geschätzte 30 Minuten. Sind rund 50 Stunden. Geht auch schneller, aber nicht besser. Der Artikel ist dabei noch nicht geschrieben, die Bänder abtippen lassen kostet auch schon fast einen dreistelligen Betrag.
Ja, 200 Euro sind viel Geld. Fast die halbe Monatsmiete, wenn man den Strom und die anderen Fixkosten einrechnet eher ein Drittel. Wie die Kamera und die Computer bezahlt wurden, dürfte hier ja egal sein? Und womit man die Versicherungen und anderen Kosten leistet, die ein selbständig arbeitender Mensch von seinem Staat aufgebrummt bekommt wohl auch? Die Ehrenämtler sind der vollen Überzeugung, dass das was sie leisten mit ihrem Jahrbuch, ihrem Verein und ihren vielen hundert Stunden unentgeltlicher Arbeit eine Bereichung für die Menschheit ist. Ist es auch, auch ich blättere gerne in ihren Büchern. Doch da, wo diese Menschen, die fast alle einen besonders gesicherten finanziellen Hintergrund haben, andere beauftragen (oder muss man hier schon erpressen sagen? Nein so böse Begriffe gibt es in der heilen Welt der sozial tätigen nicht) für sie zu arbeiten, stimmt das Konzept nicht. Natürlich zahlt dieser Verein an (akademische) Vortragsredner bei Veranstaltungen die üblichen Honorare. Diese Menschen haben den Vorzug bei ihnen nicht Mitglied zu sein, einen festen Arbeitsplatz zu haben und überhaupt nicht erpressbar zu sein. Entweder es wird anständig gezahlt oder der Herr Doktor bleibt zu Hause.
Unser Journalist hat keine Auswahl. Er muss annehmen, egal wie viel Arbeit er für unter drei Euro die Stunde zu leisten hat. Da sein Name unter dem Artikel stehen wird, kann er sich auch nicht mit oberflächlicher und schlampiger Arbeit aus der Affäre ziehen. „Scheiss Kapitalismus!“? Neinja! Die sogen. „soziale“ Marktwirtschaft funktioniert mit dem Bild einer Vollbeschäftigung, in der gut versorgte Bürger in ihrer Freizeit sinnvolles für das Gemeinwohl leisten können und sollen. Leider haben sich die Zeiten geändert. Das Heer der Arbeitslosen, die mit Garantie nie wieder einen Job finden werden, ist Legion. Hartz IV Empfänger sind besser versklavt durch Bürokratie und Amputation ihrer Würde als die lebendige Ware auf antiken Märkten. Damals wie heute ist diese Unterdrückung und Ausbeutung streng im Rahmen des Gesetzes. Aber diejenigen die solche Gesetze machen singen das hohe Lied des Ehrenamtes: Sie sind nicht betroffen und werden es nie sein. Betroffen sind Kleinunternehmer und Angestellte, die auch wenn sie heute noch einen Job ihr Eigen nennen, morgen vielleicht schon die Seiten wechseln müssen. Und dann erst mal gezwungen werden ihre Ersparnisse, die sie für die Ausbildung der Kinder sich abgerungen haben, aufzufressen. Dann sind diese sogar froh, für drei Euro die Stunde arbeiten zu dürfen. Natürlich findet das bürgerliche, durch beamtung gesicherte Mittelfeld ihre Welt in Ordnung. Sie haben ja diese Politiker auch gewählt, werden es wieder tun und sind mit sich, ihrem Ehrenamt (für das vielleicht sogar mal einen Orden gibt!) vollkommen zufrieden. Das ist eine Ehre. Ist es auch eine Ehre für den (un)genannten Verein hungern zu dürfen?(fst)
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